Reichsbanner-Marsch „Schwarz-Rot-Gold“ („In Kümmernis und Dunkelheit“)
Komponist: Willy Hainsberg
Weise: Constantin Brunck (1884–1964)
Bald nach Gründung des Reichsbanners rief dessen Vorstand seine Mitglieder auf, geeignetes Liedgut für den Bund zu schaffen und zu verbreiten. Wichtige Bezugspunkte seien „Alte Soldatenlieder, Volkslieder, einige Lieder von Hermann Löns, Lieder aus der 48er Bewegung“.
Ein solches Lied aus der Revolution von 1848 vertonte Constantin Brunck 1924 neu: „In Kümmernis und Dunkelheit“ des politischen Dichters Ferdinand Freiligrath (1810–1876). Das Gedicht hob die Farben Schwarz, Rot und Gold als Symbole der Freiheitsbewegung hervor. Seit 1848 existierte eine in der Arbeiter- und Jugendbewegung populäre Vertonung Robert Schumanns. Für das Reichsbanner schuf Brunck nun eine neue Melodie.
Der Sohn eines Nürnberger Großkaufmannes war seit 1905 als Kapellmeister und Chordirigent tätig. Brunck lehrte von 1922 bis ins hohe Alter an der Nürnberger Volkshochschule, erteilte Gesangsunterricht, betätigte sich als Musikschriftsteller und -verleger, Orchesterleiter und Komponist. Er war im Tonkünstlerverein Nürnberg-Fürth und im freigewerkschaftlichen Deutschen Musikerverband aktiv. Dass Brunck, selbst Kriegsteilnehmer von 1914 bis 1918, dem Reichsbanner angehörte, ist bisher nicht nachzuweisen. Mit dem Arbeiterdichter und Mitgründer des fränkischen Reichsbanners Karl Bröger verband ihn eine Freundschaft. In der NS-Zeit, in der er Mitglied der Reichsmusikkammer wurde, verneinte Brunck eine frühere Angehörigkeit zur SPD oder „einer ihrer Gliederungen“.
Der „Reichsbanner-Marsch“ baute auf der Melodie Bruncks auf. Über seinen Komponisten Willy Hainsberg – möglicherweise ein Pseudonym – ist nichts bekannt. Im Herbst 1924 bereits im Musikalienhandel erhältlich, dürfte das Stück zu den ersten genuin für das Reichsbanner komponierten Märschen gehören. Nach dem Reichsbannertag zum einjährigen Bestehen des Bundes 1925 in Magdeburg verbreitete sich der „Reichsbanner-Marsch“ in der Organisation. In der Verbandszeitung „Das Reichsbanner“ berichteten Teilnehmer, der „hundertfache Trommelschlag, die Marschmusik“ habe „alle Zuschauer in Spannung“ versetzt.
Der Bundesvorstand des Reichsbanners ehrte Brunck bei der zentralen Verfassungsfeier am 11. August 1926 in Nürnberg für seine Komposition. In „Das Reichsbanner“ war zu lesen, überall erklinge „das Lied von der Fahne, die schwarz wie Pulver, rot wie Blut und golden wie die Flamme ist. Die Worte fand Freiligrath, der Dichter des Bürgertums von 1848, die Melodie schuf ein Sänger der Arbeiterbewegung von heute: Konstantin Brunck.“
Spätestens 1928 wurde der „Reichsbanner-Marsch“ gemeinsam mit drei weiteren Märschen zum „Pflichtmarsch“ für die Spielleute in allen Gauen erhoben. Doch der Lübecker Gaustabführer G. Daniel klagte über Verdrossenheit bei Spielleuten angesichts des „schweren“ Marsches. Dass das Stück sich aber allgemein großer Beliebtheit erfreute, zeigt die große Anzahl von Schallplattenaufnahmen des „Reichsbanner-Marsches“, die ab 1924 entstanden.
Neuarrangement (2024) von Sebastian Middel