Freiheitsfarben (Otto-Hörsing-Marsch)

Komponist: Willy Kuhn (1892–1929)

Die meisten überlieferten Aufnahmen von Märschen des Reichsbanners entstanden unter Leitung des Reichsbanner-Gaustabführers in Berlin-Brandenburg, Willy Kuhn. Mit der „Reichsbanner-Gau-Kapelle“, dem „Reichsbanner-Orchester Gau Berlin“ und dem „Republikanischen Blasorchester“ veröffentlichte er ab Frühjahr 1928 zahlreiche Märsche auf Schallplatte, darunter mehrere von ihm selbst komponierte oder neu arrangierte Stücke.

Der im Saarland geborene Sohn eines Musiklehrers arbeitete bereits in jungen Jahren als Musiker. Er heiratete 1913 in Stettin und wurde spätestens 1918 in Berlin sesshaft. Mit seiner Familie wohnte Kuhn in Neukölln und engagierte sich in dem Stadtteil sowie überregional im Reichsbanner. Daneben war er Mitglied der SPD und des Deutschen Musikerverbandes.

Mitte der 1920er-Jahre wurde Kuhn zum Reichsbanner-Gaustabführer in Berlin-Brandenburg gewählt und bekleidete zugleich die Funktion des Gaukapellmeisters. Er engagierte sich auch als Ausbilder des Knabentambourkorps in Berlin-Kreuzberg. Willy Kuhn komponierte mehrere Märsche für das Reichsbanner und stellte ein „Reichsbanner-Marsch-Album“ neu zusammen, in das er auch Eigenkompositionen aufnahm. Über den von ihm gegründeten Musikverlag „Wiku“ vertrieb er sowohl die Noten für seine Stücke als auch Instrumente für Spielleute. Die dem ersten Reichsbanner-Bundesvorsitzenden Otto Hörsing gewidmeten „Freiheitsfarben“ erlangten unter dem Namen „Colours of Liberty“ auch internationale Bekanntheit. Der britische König ließ den Marsch mutmaßlich gar zur jährlich stattfindenden Parade „Trooping the Colour“ spielen.

Kuhns Neuarrangement des „Reichsbanner-Marsches“ erschien posthum. Zudem war Kuhn durchaus erfolgreich als Komponist von Unterhaltungsmusik. So komponierte er etwa einen Marsch für den Tonfilm „Flieger“.

Im Frühjahr 1928, auf dem Höhepunkt seines Schaffens, legte Willy Kuhn sein Amt als Gaustabführer nieder. Ob er dies aus Zeitmangel tat oder ob bereits die „tückische Krankheit“, über die ein Jahr später ein Nachruf informierte, „seinen großen Arbeitsdrang“ hemmte, ist unbekannt. Noch Ende 1928 dirigierte er das 80-köpfige „Republikanische Sinfonieorchester“ beim Herbstfest des Berlin-Kreuzberger Reichsbanners. Zuletzt leitete er die Kreiskapelle Berlin-Neukölln des Verbands. Am 12. Juli 1929 starb Kuhn unerwartet in Neukölln.

 

Neuarrangement (2024) von Guido Rennert