Musik im Reichsbanner

Musik war von Beginn an ein wichtiges Element für das am 22. Februar 1924 in Magdeburg gegründete Reichsbanner Schwarz-Rot-Gold. Als „Bund republikanischer Kriegsteilnehmer“ lehnte sich das Reichsbanner mit uniformiertem Auftreten und Aufmärschen, wie andere politische Verbände der Weimarer Republik auch, an militärische Traditionen an. Die in dieser Tradition stehende Marschmusik erklang bei den regelmäßig stattfindenden Demonstrationen und Veranstaltungen des Reichsbanners. Sie hatte identitäts- und gemeinschaftsstiftende Funktion ebenso, wie sie Werbezwecken diente. Musik generierte Aufmerksamkeit und verlieh Veranstaltungen einen festlichen Charakter. Das Reichsbanner setzte dabei sowohl auf bekannte (Militär-)Märsche wie auch auf eigens komponierte Stücke. Sie basierten teilweise auf bekannten Liedern, die in den Marsch eingebettet wurden.

Neben bundesweit populären Stücken verfügten die einzelnen Gaue und Ortsvereine des Reichsbanners auch über eigene musikalische Traditionen und Liederbücher. Vielerorts gab es Spielmannszüge, denen ein Stabführer vorstand, daneben oft auch Musikkapellen oder Orchester mit Kapellmeister. Ausstattung und Repertoire waren dabei unterschiedlich.

Da Marschmusik seit dem 19. Jahrhundert Bestandteil der Unterhaltungsmusik war, kam den Märschen des Reichsbanners oft auch über den Organisationsradius hinaus eine Bedeutung zu, wenngleich die Reichsbannerkapellen nur „für den eigenen Bedarf“ spielen sollten. Sie bestritten Platzkonzerte und Tanzveranstaltungen, und schon bald nach Gründung des Reichsbanners erschienen erste Schallplattenaufnahmen von Märschen des Bundes.

Die größtenteils in den 1920er-Jahren komponierten Märsche waren für die Reichsbannermitglieder Bekenntnis zu ihrem Bund und zur jungen Republik. Vielfach beziehen sich die Titel auf deren Werte und Symbole, besonders die Farben Schwarz-Rot-Gold, die das Schwarz-Weiß-Rot des Kaiserreiches 1919 offiziell abgelöst hatten. Bei der Mehrheit der heute meist unbekannten Komponisten der historischen Märsche handelte es sich um professionelle Musiker. Sie standen in der Weimarer Republik den republikbejahenden Kräften nahe, einige waren in der SPD organisiert. Eine Reichsbannermitgliedschaft ist jedoch bisher nur für Willy Kuhn und Georg Porepp nachzuweisen. Allerdings bestimmten nach der Machtübernahme der Nationalsozialisten bei vielen vor allem berufliche Erwägungen ihr Schaffen. Hermann Scherchen verweigerte sich dem NS-Regime konsequent. Max Arensberg musste aufgrund seiner jüdischen Herkunft Deutschland 1933 verlassen, Willy Kuhn war bereits 1929 verstorben. Komponisten wie Carl Woitschach und Berthold Wilke jedoch passten ihre Haltung offenbar ohne große Bedenken dem neuen Zeitgeist an. Das Schreiben und Spielen von SA- und SS-Märschen stellt sie in das Licht eilfertiger Opportunisten. Andere arrangierten sich aus beruflichen Gründen eher zögernd mit dem NS-Regime, warben jedoch nicht für dessen Ziele.